Tragfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung
Die gesetzliche
Rentenversicherung kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Nun hat sich der
Sachverständigenrat zu Wort gemeldet und sich mit den parteipolitischen
Vorschlägen zur Tragfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung
auseinandergesetzt. Die Probleme sind bekannt: Mit der Alterung der
Gesellschaft aufgrund der steigenden Lebenserwartung und dem Renteneintritt der
geburtenstarken Jahrgänge, durch den weniger Beitragszahler für mehr Rentner
aufzukommen haben, gerät die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung
unter Druck. Langfristig betrachtet ist die GRV nach dem gegenwärtigen
Rechtsstand und bei unveränderter Einnahmequote nicht tragfähig.
Durch die 2018 eingeführte doppelte Haltelinie bis 2025 von 48 % für das
Sicherungsniveau und 20 % für den Beitragssatz steigt der Finanzierungsbedarf
der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine Fortführung der doppelten Haltelinie,
bei einem unveränderten Rentenzugangsalter, könnte nur durch eine Erhöhung des
Bundeszuschusses zur GRV gewährleistet werden, sodass der Bundeszuschuss von
heute rund 2,3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) [Anmerkung: BIP 2020: 3.332 Mrd. EUR lt. Stat. Bundesamt = 76,64 Mrd. EUR Bundeszuschuss] um über das dreifache auf 7,3
% des BIP im Jahr 2080 anwachsen würde.
Die Haltelinie des Sicherungsniveaus von 48 % alleine würde den Beitragssatz
auf 28 % ansteigen lassen und zusätzliche Bundesmittel beanspruchen. Umgekehrt
würde eine Haltelinie des Beitragssatzes von 20 % das Sicherungsniveau gegen 30
% drücken. Um eine nachhaltige Sicherung der gesetzlichen Rentenversicherung zu
erreichen, werden verschiedene Optionen vorgeschlagen.
Inflationsanpassung
Dem Finanzierungsdefizit der GRV könnte entgegengewirkt werden, indem eine
Koppelung der Renten an die Verbraucherpreise statt an die Lohnentwicklung
erfolgen würde, wie z.B. in Italien, Frankreich und Österreich. Bei einer
Inflationsanpassung steigen im Allgemeinen die Renten weniger als durch eine
Anpassung an die Lohnentwicklung. Das Sicherungsniveau würde sinken mit einer
Ausbreitung der Altersarmut.
Steigerung der Erwerbstätigkeit
Da die Erwerbstätigenzahl schon zu einem relativ hohen Grad ausgeschöpft ist,
würde das Tragfähigkeitsproblem durch eine verstärkte Erwerbstätigenquote nur
zum Teil gelöst werden.
Ausweitung des Versichertenkreises
Eine Ausweitung des Versichertenkreises der GRV auf Selbstständige würde zu höheren
Beitragseinnahmen führen, aber zudem Ansprüche an die GRV begründen.
Anpassung des Renteneintrittsalters
Eine Möglichkeit, bei stetig steigender Lebenserwartung die zukünftige
Finanzierbarkeit der GRV sicherzustellen, bestünde darin, die gewonnene
Lebenszeit auf die Erwerbs- und Rentenphase aufzuteilen. Schwierigkeiten
bereiten dabei die sich mit dem Alter verschlechternde Gesundheit, die geringen
Wiederbeschäftigungschancen älterer Arbeitsloser und das damit verbundene
Risiko steigender Altersarmut.
Quelle: SV-Report vom 15.05.2021 Schallöhr-Verlag, Webside: https://www.schalloehr-verlag.de/sv-report/